25. April 2024

Die Ehe spiegelt das Wesen Gottes wider

Paulus beginnt den Abschnitt über die Ehe mit den Worten:

Berauscht euch nicht mit Wein – das macht zügellos – , sondern lasst euch vom Geist erfüllen!

Eph 5,18

Mit anderen Worten sagt er uns: Wenn die Ehe dich glücklich machen soll, dann muss der Heilige Geist der Dritte im Bunde sein. Ehepartner sind für Paulus nicht zwei zutiefst bedürftige und verunsicherte Menschen, die eigentlich nicht wissen, wozu sie da sind, und ihren Wert und Sinn in den Armen ihres Partners suchen. Nein, Paulus setzt voraus, dass jeder der Partner bereits eine Antwort auf die großen Lebensfragen hat, und genau das ist das Werk des Heiligen Geistes im Herzen des Menschen. Christsein heißt, nicht vom Ehepartner zu erwarten, was nur Gott geben kann.

Denn keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber, sagt Paulus.

Röm 14,7

Dieser Satz gilt ganz allgemein, im besonderen gilt er für die Ehe. Beide Partner sollen nicht für sich leben. Das ist die schwierige und gleichzeitig wichtigste Aufgabe, die ein Mann oder eine Frau in einer Ehe haben. Wenn man, wie zum Beispiel in der Corona-Pandemie durch Homeoffice, den ganzen Tag zusammen verbringt, stellt sich womöglich alle paar Minuten die Frage, wer seinen Willen bekommt und wer nachgibt. Es gibt drei Möglichkeiten: Ich reagiere auf Ansprüche des Ehepartners freundlich oder mit frostiger Stimmung und tue es widerwillig oder ich beharre egoistisch auf dem, was ich will. Nur dann, wenn beide regelmäßig die erste Variante wählen, gedeiht die Ehe.

Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig. Sie ereifert sich nicht, sie prahlt nicht, sie bläht sich nicht auf. Sie handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil, lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach. Sie freut sich nicht über das Unrecht, sondern freut sich an der Wahrheit. Sie erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand. Die Liebe hört niemals auf.

1 Kor 13,4-8

Liebe ist das genaue Gegenteil von Egoismus. Die Phänomene, die Paulus hier als Gegenteil der Liebe auflistet, sind allesamt Aspekte der Ichbezogenheit: Ungeduld, Reizbarkeit, verletzende Worte, Neid auf die, die es besser haben, verbittertes Nachtragen von erlittenem Unrecht. Wie oft kontern wir im Leben den Egoismus des Partners immer ungeduldiger, verbissener und kälter mit eigenem Egoismus. Egoismus macht mich blind für meine Fehler und überempfindlich und beleidigt gegenüber Fehlern des Partners. Das Ergebnis ist meist ein Teufelskreis aus Selbstmitleid, Groll und Verzweiflung, der dann die Beziehung nach und nach zerfrisst.

Wie kann ich glücklich werden? Glücklich werden kann ich nur, wenn ich konsequent das Gute tue, als Reaktion auf das, was Jesus für mich getan hat. Sein Leben zeigt mir, wahres und bleibendes Glück entspringt dem Freude-Machen, der Liebe, die mich etwas kostet. Die heutige Kultur sieht den bloßen Gedanken, die Interessen des Partners über die eigenen zu stellen, als Unterdrückung an. Sie tut dies, weil sie das Wesen Gottes nicht versteht.

Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.

Joh 16,14f

Gott existiert in drei Personen, die sich seit Ewigkeit gegenseitig verherrlichen, ehren und lieben. Das tiefste Wesen Gottes ist selbstlos Liebe und Hingabe an den anderen. Als Jesus Christus am Kreuz für uns starb, war er schlicht seinem göttlichen Wesen treu. Der Mensch ist als Ebenbild Gottes erschaffen. Dies heißt, dass wir dazu erschaffen sind, Gott zu ehren und zu lieben, uns an ihn hinzugeben. Das heißt aber auch: Wenn wir unser Eigenwohl über Gott und den Nächsten stellen, tun wir unserem Wesen Gewalt an und können auf Dauer nur unglücklich werden. Mit anderen Worten: Wenn wir das Glück mehr suchen als Gott, werden wir beides verlieren: Gott und das Glück. Wenn wir aber Gott ehren und lieben, bekommen wir beides.

Paulus wendet dieses Prinzip auf die Ehe an, er sagt den christlichen Eheleuten: Trachtet danach, einander zu dienen, und ihr werdet das wahre Glück finden. Die Ehe ist ein von Gott eingesetztes Sakrament, zu dessen Wesenskern die Selbsthingabe gehört, die das Wesen Gottes widerspiegelt. Zu jeder Ehe gehört eine gehörige Portion Selbstverleugnung, selbst in den einfachsten Alltagsdingen. Keine Beziehung kann funktionieren, wenn auch nur ein Partner ständig findet, dass seine Wünsche Vorrang haben. Dabei darf ich mir bewusst machen: Immer dann, wenn ich mich in der Hingabe übe, ahme ich das Wesen Gottes nach.

Das Wesen der Sünde ist, dass wir für uns selber leben, und nicht für Gott und unsere Mitmenschen. Wer so lebt, geht innerlich auf Distanz zum anderen, auch zum Ehepartner. Wie oft kommt es zu einer Art Waffenstillstand – mit der stillschweigenden Vereinbarung, über gewisse Dinge nicht mehr zu reden. Wenn dagegen Mann und Frau sagen: Ich versuche ab jetzt meinen Egoismus als das größte Problem für die Ehe zu betrachten, dann sind die Aussichten, dass die Ehe wirklich glücklich macht, sehr gut. Aber was wird geschehen, wenn nur einer sich dazu entschließt so zu leben? Zunächst einmal wahrscheinlich nicht viel! Aber im Laufe der Zeit wird seine neue Einstellung, sein neues Verhalten anfangen den Partner zu verändern.

Das christliche Grundprinzip der Ehe ist die Selbstlosigkeit, sie spiegelt das Wesen Gottes wider und die Kraft dazu gibt der Heilige Geist. Deshalb ist das persönliche und gemeinsame Gebet notwendig.

Überlegen Sie! Was ist es, was Sie am meisten antreibt und motiviert? Der Wunsch nach Erfolg im Beruf? Ein Leistungssport? Das Bedürfnis, sich vor Ihren Eltern, Ihrer Familie zu beweisen? Die Anerkennung durch Ihre Clique? Oder die Wut auf einen oder mehrere Menschen, die sie schlecht behandelt haben? Paulus sagt Ihnen, wenn eines dieser Dinge Sie stärker motiviert, als die Liebe Gottes zu Ihnen, können Sie Ihren Mitmenschen nicht selbstlos dienen.

Wenn Sie von Ihrer Ehe erwarten, dass sie die innere Leere füllt, die Gott in Ihrem Herzen hinterlassen hat, sind Sie unfähig, Ihrem Partner zu dienen. Nur Gott kann dieses Loch füllen, sein Platz ist zu groß für alle anderen. Solange Gott nicht diesen ihm gebührenden Platz in Ihrem Leben einnimmt, werden Sie immer klagen, dass Ihre Frau oder Ihr Mann sie nicht genug liebt, achtet und unterstützt.

Wie macht man das – sich vom Heiligen Geist erfüllen lassen? In meinem Studium bin ich auf das Buch „Das Leben Jesu im Lande und Volke Israel“ von Franz Michel William gestoßen und es hat mich fasziniert. Ich fing an mich intensiv in das Leben und Werk Jesu zu vertiefen. Täglich las ich in den Evangelien, versetzte mich in die Person Jesu, versuchte die geschilderten Situationen mit seinen Augen zu erleben. Da geschah etwas merkwürdiges: Man kennt nicht nur die Evangelien, man bekommt Einblick in Jesu Denken. Man ahnt, wie er auf eine bestimmte Frage geantwortet oder auf eine bestimmte Situation reagiert hätte. Ahnen Sie, warum der heilige Hieronymus sagt: die heilige Schrift nicht kennen, heißt Christus nicht kennen. Ohne groß nachzudenken, beeinflusste der Herr mein Leben, mein Denken und meine Vorstellung.

Warum am Boden zerstört sein, wenn jemand sie kritisiert? Sie wissen sich zutiefst von Gott angenommen. Und wenn Sie andere kritisieren müssen, versuchen Sie das mit seiner Gesinnung zu tun. Sie müssen nicht jedesmal bewusst denken: Was würde Jesus jetzt machen? Wenn seine Selbstlosigkeit in Ihrem Herzen Wurzeln geschlagen hat, dann wird seine Kraft und seine Einstellung ein Teil von Ihnen. Sie sehen die Welt, ja sich selber durch Jesu Augen. Das geschieht natürlich nicht über Nacht und es ist das Werk des Heiligen Geistes. Geben Sie Gott in Ihrem Leben den Platz, der ihm gebührt.