Die ersten Schriften der Menschheit sind entstanden, um Geschäftsbeziehungen zu regeln. Geschäftsbeziehungen bestehen nur solange, wie der Verkäufer die Bedürfnisse des Käufers zu einem akzeptablen Preis befriedigt. Bietet ein anderer Verkäufer eine bessere Leistung oder die gleiche Leistung günstiger an, hat der Käufer keine Verpflichtung die Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten. Die Bedürfnisse des Einzelnen sind hier wichtiger als die Beziehung.
Heute behandeln viele die Ehe wie eine Geschäftsbeziehung. Sobald die Beziehung keinen Profit mehr abwirft (also mehr Liebe und Zuwendung erfordert, als man zurückbekommt), übt man sich in Schadensbegrenzung und beendet die Beziehung.
Im Unterschied dazu sind Bundesbeziehungen für die beiden Partner bindend. Bei einem Bund ist die Beziehung wichtiger als die Bedürfnisse des Individuums. Für Gott ist die Ehe eine Bundesbeziehung. Sie ist ein Bund mit Gott, der den Partnern das Fundament und die Kraft für den Bund miteinander gibt. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass bei einer Trauung die Partner zunächst dem Vertreter der Kirche ihre Bereitschaft bestätigen und dann erst einander.
Jemand, der sagt: Ich liebe dich, aber heiraten müssen wir deshalb ja nicht gleich, meint damit möglicherweise: Ich liebe dich nicht genug, um meine Freiheit für dich aufzugeben. Das Ehe-Versprechen ist ein Beweis, dass die Liebe Ehe-Niveau und Qualität erreicht hat.
Wer ohne Trauschein zusammenlebt, muss seinen Wert täglich neu beweisen. Er/Sie muss ständig zeigen, dass die Chemie noch stimmt und die Beziehung Spaß macht. Das verbindliche Band der Ehe schafft einen geschützten Raum, in dem man sich öffnen und sein wahres Ich zeigen kann. Man kann verletzlich sein und muss nicht ständig seine Fassade pflegen. Man kann auch den letzten Verteidigungsring öffnen und nackt sein.
Sag mir, dass dieser Ort hier sicher ist und alles Gute steht hier still. Und dass das Wort, das du mir heute gibst, Morgen noch genauso gilt.
Diese Welt ist schnell und hat verlernt beständig zu sein, denn Versuchungen setzen ihre Frist, doch bitte schwör, dass wenn ich wieder komm, alles noch beim Alten ist.
Gib mir′n kleines bisschen Sicherheit, in einer Welt in der nichts sicher scheint und gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas, das bleibt.
Silbermond: Irgendwas, was bleibt
Das Ehe-Versprechen will nicht die augenblicklichen Gefühle feiern, sondern richtet sich in die Zukunft. Die Ehe schafft eine neue Einheit, sie schafft einen Raum der Stabilität, in dem die launischen und zerbrechlichen Gefühle wachsen und tiefe Wurzeln treiben können. Jedes Versprechen ist ein Schlüssel zu unserer wahren Identität, weil unsere gehaltenen Versprechen unserer Identität Stabilität geben. Ohne stabile Identität ist es nicht möglich, stabile Beziehungen zu führen.
Lewis Smedes sagt über seine Ehe: Als ich meine Frau heiratete, war mir kaum bewusst, auf was ich mich da einließ. Wie wollte ich wissen, wie sehr sie sich im Laufe der 25 Jahre verändern würde oder wie sehr ich mich verändern würde? — Seit unserer Hochzeit hat meine Frau mit mindestens fünf verschiedenen Männern zusammen gelebt – und jeder der fünf war ich.
Das Ehe-Versprechen sagt dem Partner: Ich begrenze meine Freiheit, um in Zukunft für Menschen da sein zu können, die mir vertrauen.
Warum ist dieses Versprechen so wichtig? Wenn man sich verliebt, denkt man: Ich liebe diese Person. Tatsächlich liebt man die eigene Vorstellung von dieser Person. Man kennt die andere Person noch nicht wirklich und sie mich ebenso nicht. Jeder setzt ja sein bestes Gesicht auf. Es gibt Dinge, die verstecken wir natürlich. Und dann gibt es noch jene Aspekte, die uns selber gar nicht bewusst sind und wir erst im Laufe des Lebens allmählich entdecken.
Wenn jemand im Laufe der Jahre unsere schlimmsten Seiten erlebt hat, uns mit unseren Stärken und Schwächen kennt und trotzdem ohne Wenn und Aber zu uns hält, ist dies Ausdruck einer wunderbaren Liebe. Sie befreit uns von unserer Fassadenpflege, holt uns vom hohen Ross unserer Selbstgerechtigkeit herunter und stärkt uns für alle Widerwärtigkeiten des Lebens.
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst, sagt der Herr. Gefühle kann man nicht befehlen. Der Herr ruft uns nicht auf, unseren Nächsten zu mögen, also Zuneigung und herzliche Gefühle für ihn zu verspüren. Nein, die Aufforderung lautet, ihn zu lieben, und dies bedeutet in erster Linie ein ganz bestimmtes Verhalten. Wenn wir es nicht lernen, zwischen Gefühl und Handeln zu unterscheiden, ist es sehr schwer, wirklich zu lieben. Ein Grund, warum wir diese Unterscheidung machen müssen ist die enorme Unbeständigkeit unserer Gefühle. Wir können unsere Gefühle oft nicht kontrollieren, aber unsere Handlungen.
Wenn ich nur dann Taten der Liebe setze, wenn ich starke Liebesgefühle habe, wird meine Liebe oft unklug sein. Eltern können z.B. vor lauter Liebe ihr Kind hoffnungslos verziehen. In jeder Beziehung kommt es zu emotionalen Dürreperioden, die einen erschrecken können. Wenn dies geschieht, sollte man sich daran erinnern, dass die Ehe in ihrem Kern ein Bund ist, ein Sich-festlegen, ein Versprechen künftiger Liebe. Das bedeutet, auch weiter Taten der Liebe zu tun, wenn die Gefühle nicht da sind. Und je mehr man das tut, umso mehr verwandelt sich, langsam, aber sicher, die ichbezogene Zuneigung zu diesen Menschen in eine Liebe, die weiser, reicher, beständiger ist.
Sie glauben der Pfarrer mag ein toller Theoretiker sein, aber ohne praktische Erfahrung? Sie haben absolut recht! Er hat immer die Hoheit über die Fernbedienung und muss nicht diskutieren, wie der Geschirrspüler optimal eingeräumt wird. Aber denken Sie an Ihre Kinder!
Blicken Sie auf Ihre Kinder: Ein Neugeborener ist der bedürftigste Mensch, er braucht Sie 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Auf die Trotzphase folgt die Pubertät und bevor die Kinder das Haus verlassen, werden sie noch halbstark. Sie rebellieren und haben Probleme mit sich selbst. Sie bringen enorme Opfer für jedes Kind, auch dann, wenn Sie nichts dafür direkt zurückbekommen. Wenn Ihr Kind erwachsen ist, mag es für alle anderen eine unattraktive Person sein, aber Sie lieben es, Sie können gar nicht anders. Warum? Weil Sie gezwungen waren, immer wieder Taten der Liebe zu tun, egal, wie Ihnen gerade zumute war und so verspüren Sie jetzt eine tiefe Liebe und Verbundenheit zu ihrem Kind, egal was es getan hat.
Wie viele Ehepaare leben ihre Beziehung als Geschäftsbeziehung und die Beziehung zu ihren Kindern als Bundesbeziehung?
Als Jesus vom Kreuz hinab schaute, dachte er sich nicht: Ich gebe mich für euch hin, weil ich euch so toll, so attraktiv finde. Nein, in unendlicher Qual schaute er zu uns hinunter, die wir ihn verleugnet, verlassen und verraten hatten – und in der größten Liebestat der Geschichte sagte er am Kreuz: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!
Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind. Joh 17,19
Er liebte uns nicht, weil wir so liebenswert waren, sondern damit wir liebenswert werden. Er liebte uns selbstlos, um uns in der Gemeinschaft mit Gott zu halten. Und darum sollen Sie Ihrem Ehepartner durch Taten der Liebe Ihre Liebe beweisen, denn die Ehe ist ein Bund mit und vor Gott!