In den alten Kulturen und jenseits der modernen demokratischen Staaten wird die Sexualität oft noch als Teil unserer Körperlichkeit gesehen, dem niederen Teil unseres Menschseins, während unser geistig rationales Wesen der höhere Teil ist. Sexualität ist in dieser Vorstellung etwas Schmutziges, Erniedrigendes, ein Übel, das aber zur Vermehrung notwendig ist.
Die westliche, moderne Gesellschaft behandelt die Sexualität wie ein natürliches Bedürfnis. Wenn wir Hunger spüren stillen wir ihn und es gibt keinen Grund, warum wir nicht verschiedene Küchen ausprobieren und auf andere Geschmäcker kommen sollten. Dieses Bedürfnis zu unterdrücken oder zu hemmen wäre gerade so ungesund (und unmöglich) wie der Versuch, nichts zu essen. Alle Tabus, die die Sexualität einschränken, sollten abgeschafft werden. Die Sexualität dient in erster Linie der persönlichen Erfüllung und der Selbstverwirklichung, nicht mehr der Vermehrung.
Was sagt die Kirche zur Sexualität des Menschen?
Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein.
Eph 5,31
Für die Kirche ist die menschliche Sexualität ein Bedürfnis, ja, aber kein Bedürfnis kann man immer und einfach so befriedigen. Viele Menschen kämpfen sehr mit ihren Essgewohnheiten, weil ihr Appetit nicht mit dem übereinstimmt, was ihr Körper wirklich braucht. Die menschliche Sexualität, wie Gott sie will, ist Ausdruck der ganzheitlichen Selbsthingabe, doch unser sündiges Herz möchte sie zur Selbstbefriedigung missbrauchen.
Als Gott den Menschen als Mann und Frau erschaffen hat, sagt er: Er sah, dass es sehr gut ist. Die Sexualität des Menschen ist nichts Schmutziges oder Minderwertiges. Sie dient aber nicht der persönlichen Erfüllung und Selbstverwirklichung, sondern sie ist dem Menschen geschenkt, um seine Hingabe und Liebe an den Partner auszudrücken. Mann und Frau werden ein Leib und ein Geist, eine Einheit. In Liebe schenkt einer sich völlig dem anderen. Die Vereinigung sagt dem Partner: Ich bin bereit, emotional, persönlich, sozial, ökonomisch und legal mit dir eins zu sein.
Wenn ein Paar kirchlich heiratet, schließen sie einen feierlichen Bund miteinander. Die Sexualität ist ein starkes Mittel, das Gott den Menschen gegeben hat, die gegenseitige Hingabe zu erneuern. Sie sagt dem anderen: Ich gehöre total, permanent und exklusiv zu dir, und sie sollte nicht benutzen werden, um weniger zu sagen.
Oder wisst ihr nicht: Wer sich an eine Dirne bindet, ist ein Leib mit ihr? Denn es heißt: Die zwei werden ein Fleisch sein. Wer sich dagegen an den Herrn bindet, ist ein Geist mit ihm. Meidet die Unzucht! Jede Sünde, die der Mensch tut, bleibt außerhalb des Leibes. Wer aber Unzucht treibt, versündigt sich gegen den eigenen Leib. Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst; denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!
1 Kor 6,16-20
Sexualität ist ein Hilfsmittel, die Einheit der Ehe zu erhalten und hilft den Ehepartnern so, das Geheimnis der Einheit Gottes widerzuspiegeln. Paulus betont im Korintherbrief, dass es radikal sinnwidrig ist, seinen Körper an jemanden hinzugeben, dem man nicht auch sein ganzes Leben geben möchte. Denn die Sexualität verbindet auch bei falscher Ausübung zutiefst mit der anderen Person.
Selbst wenn man nicht auf dem Standesamt war, aber sexuell mit einer anderen Person verkehrt, spürt man sehr rasch eheähnliche Bande zur anderen Person und hat das Gefühl, Verpflichtungen eingegangen zu sein. Aber der Partner hat keinerlei juristische, soziale oder moralische Verpflichtung, mich am nächsten Morgen auch nur anzurufen.
Wir können natürlich versuchen, das Gefühl der Verbundenheit bewusst auszuschalten oder durch falsche Gewohnheit abzustumpfen. Das aber heißt: Wer seine Sexualität außerehelich praktiziert, müsste sich bewusst dagegen wappnen, sein Herz gegenüber dem Partner zu öffnen und sich ihm vertrauensvoll hinzugeben. Damit aber verliert die menschliche Sexualität nach und nach ihre Kraft, selbst wenn man eines Tages doch noch heiratet.
Das menschliche Herz sehnt sich in der Tiefe nach Erfüllung, aber selbst die tiefste Liebe zwischen einem Mann und einer Frau auf Erden ist nur ein matter Abglanz der göttlichen Liebe. Unser Bedürfnis nach Erfüllung vermag nur Gott selbst einmal zu stillen. Erst in der Gemeinschaft mit Gott wird das Riesenloch in meinem Herzen endgültig gefüllt. Deswegen ist Gott ein wesentlicher Teil jeglicher menschlicher Gemeinschaft, auch der Ehe.
Er hat uns erlöst, nicht weil wir ihm gehorcht haben, sondern seine erlösende Liebe sollte dazu führen, dass wir aus Dankbarkeit gehorsam werden. Dies sollte uns zu einer sehr ausgewogenen Einstellung gegenüber unseren Versuchungen führen. Wir können es nie ganz verhindern, dass wir falsche Vorstellungen haben. Aber wir sind dafür verantwortlich, was wir mit ihnen machen. Wir sollten sie nicht hätscheln und pflegen. Und wenn wir Dinge getan haben, die falsch waren, sollten wir unser Gewissen durch die Beichte erleichtern.
Es ist wichtig, dass wir uns immer wieder von Gott vergeben und reinigen lassen; oft ist es das nicht bereinigte schlechte Gewissen über die Fehler und Sünden von gestern, die zu den Zwangsfantasien von heute führen. Wenn wir die Gebote einfach übertreten dürften, weil sie uns gerade nicht in den Kram passen, was wären sie dann wert? Was wäre das für ein Gehorsam, wenn wir Gottes Wort nur dann befolgen, wenn wir damit einverstanden sind? Gehorsam bedeutet doch, dass ich jemandem eine Autorität über mich einräume, die auch dann gilt, wenn ich nicht einer Meinung mit ihm bin. Gottes Gesetze sind gerade für die Stunden der Versuchung da, wenn Köper und Geist aufbegehren.
Ich weiß nicht, wie oft Sie schon die Briefe des Apostels Paulus gelesen oder gehört haben. Paulus ist ein sehr revolutionärer Zeitgenosse gewesen, das fällt uns heute nicht mehr auf, weil wir seine Briefe aus unserem gesellschaftlichen Kontext lesen.
Der Mann soll seine Pflicht gegenüber der Frau erfüllen und ebenso die Frau gegenüber dem Mann. Die Frau verfügt nicht über ihren Leib, sondern der Mann. Ebenso verfügt aber auch der Mann nicht über seinen Leib, sondern die Frau. Entzieht euch einander nicht, außer im gegenseitigen Einverständnis und nur eine Zeit lang, um für das Gebet frei zu sein! Dann kommt wieder zusammen, damit euch der Satan nicht in Versuchung führt, weil ihr euch nicht enthalten könnt.
1 Kor 7,3-5
Zu einer Zeit, in der die Ehefrau vor dem Gesetz als Eigentum des Mannes galt, schreibt er: Ebenso verfügt nicht der Mann über seinen Körper, sondern die Frau. Dies war ein deutlicher Angriff auf die traditionelle Doppelmoral, nach der ein Mann gerne verschiedene Partnerinnen haben konnte, während sich dies für die Frau nicht gehörte.
Positiv formuliert, lehrt Paulus hier, dass in der Ehe beide Partner das gleiche Recht haben. So etwas hatte die Welt bis dahin noch nicht gehört. Mit anderen Worten: Paulus sagt verheirateten Christen, dass eine gegenseitige, erfüllende Beziehung zu ihrem Eheleben gehört. Und beiden Eheleuten sollte es in erster Linie nicht darum gehen, die eigenen Bedürfnisse zu stillen, sondern die des anderen.
Denn keiner von uns lebt sich selber und keiner stirbt sich selber.
Röm 14,7
Wenn die menschliche Sexualität, wie Paulus lehrt, ein Zeichen und Siegel des Einsseins ist, dann liegt es nahe, dass sie Probleme aufdeckt, die man im Alltag vielleicht nicht bemerken würde. Das können Schuldgefühle, Ängste, Wut, auch wachsendes Misstrauen, erfahrene Respektlosigkeit und unbereinigte Differenzen in der Ehe sein.
Wenn die eheliche Beziehung nicht gesund ist, hat das auch Wirkungen auf die eheliche Sexualität. Schauen Sie also bei Problemen tiefer. Kinder, Krankheiten, Alter und manches andere bringen Veränderungen mit sich, die Kreativität und Disziplin erfordern, um die Intimität, die früher einfach war, neu aufzubauen.
Bei allem aber gilt: Die Beziehung zwischen Mann und Frau ist wie ein Finger, der auf die innergöttliche Liebe zeigt. Sie ist eine Widerspiegelung der freudigen Selbsthingabe und Liebe, die das Wesen des dreieinigen Gottes ausmacht. Das große Fundament für den Bau einer Ehe, muss die göttliche Liebe sein, die sie widerspiegelt.